Pina−Bausch−Solisten treten in den Dialog der Körper

Published in Westdeutsche Zeitung on September 22, 2015
By Max Kirschner

Choreograph Fabien Prioville war selbst bei Pina Bausch engagiert und zeigt nun sein eigenes Stück im Tanzhaus.

Pina−Bausch−Solisten treten in den Dialog der Körper Choreograph Fabien Prioville war selbst bei Pina Bausch engagiert und zeigt nun sein eigenes Stück im Tanzhaus. Von Max Kirschner Zu Pina Bausch wollte er schon, als er 14 war: Fabien Prioville (heute Anfang 40), als Tänzer in Frankreich ausgebildet und später weltweit in verschiedenen Ensembles engagiert, schwärmt heute noch von den sieben Jahren (1999 bis 2006), in denen er im Wuppertaler Tanztheater fest engagiert war. Und dort seine spätere Frau Azusa Seyama kennenlernte. Die 2009 verstorbene Pina, Ikone modernen Tanztheaters, „war meine erste Verwandlung“, erzählt Prioville. Seit 2010 hat er seine eigene Kompanie, sucht seine eigene Ästhetik und ist auch als Choreograph tätig. „Das war meine zweite Verwandlung“, lächelt er. Sein neues Werk „Soma“ führt zwar auch in die Heimat seiner Frau, doch stehen hier die drei ehemaligen Bausch−Solisten Clémentine Deluy, Thusnelda Mercy und Pascal Merighi mit sieben japanischen Performern auf der Bühne im Tanzhaus NRW. Vom 24. bis 26. September ist diese Kreation zu sehen. Anders als in Priovilles vorherigen Stücken ist diesmal seine ausdruckstarke Frau nicht von der Partie. In der Konfrontation der drei Tänzer, deren Bewegungen immer noch an Pina Bausch erinnern, mit den fernöstlichen Künstlern sollen die unterschiedlichen Welten aufeinanderprallen und dann in Kommunikation treten, erklärt Prioville. Warum er keine japanischen Tänzer auswählte, sondern Performer? Mit Tänzern sei das in Japan anders als in Europa, dort dürfe sich jeder Tänzer nennen. Außerdem interessiere ihn in dieser Choreographie die reine, pure Bewegung der Ostasiaten – im Gegensatz zu der Bausch−Ästhetik. „Dadurch entstehen neue, aufregende Bilder.“ Das Markenzeichen der Bausch−Truppe waren die Reisen in ferne Länder, um sich vor Ort zu neuen Stücken inspirieren zu lassen. Hinzukamen die zahlreichen Tourneen rund um den Globus; denn selbst sechs Jahre nach dem Tod der Gründerin, ist die Bausch−Truppe immer noch viel auf Achse. Luxuriöse Bedingungen wie bei Bausch kann Prioville nicht bieten Als Prioville mit 26 in die Wuppertaler Kompanie kam, fuhr er selbst mit auf die „voyages de création“, wie er sagt, nach Budapest, Istanbul oder Tokio. Aufregend war das. Dort hätten sie stets luxuriöse Arbeitsbedingungen gehabt, sagt er. Einziges Ziel war, sich von der anderen Kultur inspirieren zu lassen. „Wir lebten in Hotels, fuhren in die Stadtteile, begegneten Menschen und verarbeiteten die Erfahrungen später bei den Proben.“ Das könne er den Solisten in seinem Ensemble nicht bieten. Und wolle es nicht, wenn er auch mit seinen Tänzern häufig in Afrika, Frankreich und England bei Gastspielreisen ist. „In ?Soma’ geht es nicht um die Kulturen, sondern um einen Dialog der Körper“, sagt Fabien. Nur eine Woche fuhr er mit den drei Solisten nach Japan. Dort hätten sich für das neue Stück 250 Japaner beworben, aus denen er sieben auswählte, plus zwei Musiker. In weiteren drei Wochen in Deutschland sei das Stück dann fertiggestellt worden. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein. Fabien freut sich, dass er wieder im Tanzhaus zu Gast ist; denn der damalige Leiter Bertram Müller habe seine Arbeit sehr geschätzt und ihn unterstützt. Unter Müllers Nachfolgerin Bettina Masuch habe sich indes einiges geändert. Fabien Prioville war früher Tänzer und ist nun Choreograph.